
Johannes Kepler Pavillion Regensburg, Keplers Entwürfe, Foto Markus Termin ©
Zum Sonneneintritt ins Tierkeiszeichen Jungfrau lohnt es sich vielleicht, Fragen der Ordnung zu diskutieren. „Das Element der Erde strebt nach irdischer Realität,“ schreibt Liz Greene, die selbst eine Jungfrau ist, und dies wissen muß: „Das Wort Einklang bietet einen besseren Schlüssel zur inneren Motivation der Jungfrau als der Begriff Perfektionismus.“ Johannes Kepler, Steinbock, doch Jungfrau Haus 4, Konjunktion Pluto-Jupiter in den Fischen in 10 (27. Dez. 1571 14:37 Weil der Stadt), suchte mit seiner „Harmonia Mundi“ weniger nach der materiellen Seite des Universums, sondern nach der Weltenarchitektur, die dem heliozentrischen Weltbild zugrunde liegen könnte. Es ist nur natürlich, dass er in Büchern wie „Von den gesicherten Grundlagen der Astrologie“ (ISBN 978-3-925100-38-3) danach trachtete, die Astrologie gegen ihre Feinde zu veteidigen, denn es ging ihm vor allem darum, hinter der Ordnung einen Sinn zu finden, der dem Sinn des menschlichen Lebens im kleinen mit seiner Harmonie eine Entsprechung und damit einen Anker bot, wie es eben die Astrologie tut. Das passt eher zu seinem Jupiter-Pluto in den Fischen; allerdings geht es der Jungfrau um „Differenziertheit, ja, das ganz bestimmt,“ wie Liz Greene in „Signs for Lovers“ schreibt. Einfach gesagt: Was nützt uns das Wissen, wie sich Planeten, Sterne und Galaxien bewegen, wenn wir dies nicht in einer Verbindung mit unserer Gefühls- und Gedankenwelt, unserer ganzen Existenz begreifen können? Vermeiden wir den Tod im Tsunami, wenn wir auf Reglements vertrauen, oder eher den Elefanten und den Tieren glauben, die mit irgendeinem Sinn ausgestattet, der uns nicht mehr zur Verfühung steht, seit man uns beschnitten hat (wir haben jetzt dafür die Technik), wenn sie sich schon Tage vorher ins Landesinnere verkriechen? So denkt jedoch ein Fisch. Die Jungfrau würde wohl einen gewissen Sinn darin erkennen, wie streng die Grenzen gezogen sind zwischen den Disziplinen, und dies nicht so schade finden, wie ich. Doch der Fische-Gegenpol, den die Jungfrau als Schatten immer mit sich führt, will auch Grenzenlosigkeit. Die Jungfrau erreicht dies, indem sie es mit dem Differenzieren und Aussortieren übertreibt, beispielsweise als Leiterin einer großen Buchhandlung. Sofort ekelt sie die Fische raus, wenn sie kann. Dann wäre Ordnung eingekehrt, aber es fehlt Atmosphäre. Die Kunden bleiben aus, die die Fische ganz nett fanden, und der Schatten der Fische verwirklicht sich: von selbst. Pleite, Chaos, Konkurrenz vor der Haustür! Doch das ist der Jungfrau wurscht, denn auch sie zieht nach getaner Arbeit weiter, und verdaut anderswo das Unverdauliche. Andererseits leidet die Jungfrau tief, wenn sie sich verliebt, und dann den Emotionalkörper bewegen muß. Erleichterung kehrt nicht selten ein, wenn dieser lästige Aufruhr vorbei ist, und die Jungfrau wieder solo. Man möge mir die Spitzen gegen die Jungfrauen verzeihen, ich bin numal ein Fisch! Allenthalben sehen wir nur Grüppchen von Interessenvertreten, die versuchen, die jeweils anderen vom Futtertrog zu verdängen. Besonders unappetitlich ist das bei einer übermästeten Pharmaindustrie und einer am Hungertuch nagenden Homöopatie. Die Leistungen der Astrophysik sind ja gerade zur Zeit bemerkenswert, und man schafft es auch, uns die Ergebnisse als bunte und phantastische Bilder anschaulich darzustellen, dabei verwischt man nahezu unmerklich die Linie zwischen Realität und Fiktion. Besonders in den Animationsfilmen der NASA, wo Satellitenaufnahmen von ganzen Galaxien vermischt werden mit Trickfilmen. Man könnte von einer Walt-Disneyisierung des Universums sprechen, und gar nicht zufällig gehen gleichzeitig die Profi-Animateure im Sience-Fiktion-Bereich mit diesen Simulationsvorlagen eine unheilige Allianz ein, die bewirkt, dass wir Wahres von Falschem kaum mehr trennen können. Dies ist ein typisches Jungfrau-Sonnen Thema, das Trennen. Dabei ist es bemerkenswert, dass es verhinderte Fische gibt, die in ihrer Begrenzung sich dem Jungfrau-Pol zuwenden in einer geradezu krankhaften Ordnungssucht. Und Jungfrauen, die – obwohl sehr oft musikalisch und philosophisch genial (Adorno z.B.) – ebenso zwanghaft sich weigern, ihr eigenes System der Ordnung der Welt als in ihren persönlichen Begrenzungen begründet zu begreifen. Ich sprach einmal mit einem Jungfrau-Komponisten, und fragte ihn: „Wie machst Du das, so schöne Stücke zu komponieren?“ Seine Antwort war: „Ich mache eigentlich nichts. Ich pflücke nur Blumen, die schönen nehme ich, die häßlichen lasse ich weg.“ Das ist Jungfrau-Credo, die Ernte, die auch zur Geistesernte werden kann, aber auch ihre latente Gleichgültigkeit und Kälte, in der sie den Wassermännern verwandt ist. Leider bezeichnet dieser Achsenpol Jungfrau-Fische auch das Thema Selbtsucht und Sucht nach Selbstlosigkeit. Fanatiker beider Zeichen (Bernhard von Clairvaux, Adolf Eichmann) verzerren das allgemeine Bild ins Ungeheuerliche. „Die guten ins Töpfen, die schlechten ins Kröpchen,“ das ist keine Garantie für die moralische Integrität des Auswahlverfahrens. Doch weiter mit dem Thema Astronomie: Ich bin nun nicht der Ansicht, dass nur der Eindruck der eigenen Augen ohne optische Verstärkung ein wahres Bild des Weltalls vermittelt, obwohl diese Ansicht einiges für sich hat. Denn klar ist ja, das Fernrohr und all seine Potenzierungen „begrenzt das Gesichtsfeld, es schneidet einen kleinen Abschnitt des Himmels vom Ganzen heraus und hebt ihn im klaren Detail hervor. Andererseits vergrößert oder verstärkt er den Lichteindruck von dem betreffenden Teil des Himmels.“ (von John Meeks, „Planetenspähren, Versuch eines Ansatzes goetheanischer Himmelskunde“). Noch ein schönes Bild für die Junfrau-Fische Polarität. Mit anderen Worten: sobald wir Technik benutzen, sind wir gleichzeitig unseren Sinneseindrücken entfremdet, und sicherlich sind Sinneseindrücke Eindrücke umfassenden Erlebens, die nicht gleich wieder in Sehen, Hören und Tasten aufgespalten werden dürfen, wie dies die Herrn Wissenschaftler gern tun. Gehen wir, wenn wir schon beim jungfäulichen Sortieren sind (by the way: Jungfrau bedeutet unabhängige, freie Frau, eher mächtige Tempeldienerin als Mägdlein für den Brautpreis) nochmal einen Schritt in die heutige Naturwissenschaft hinein. Ihr Auftreten wird ja (siehe Blogbeitrag gestern) um so dreister, je unsicherer sie sich in ihrer Hybris selbst wird. Bernhard d`Espagnat, der am CERN-Forschungszentrum in Genf ein Leben lang als theoretischer Physiker gearbeitet hat, veröffentliche unlängst ein Buch „On Physiks and Philosophie“, Princeton Univertity Press 2006. In der ZEIT vom zweiten März steht darüber ein wunderbarer Bericht mit der Überschrift: „Die Realität ist nicht in den Dingen.“ Des Pudels Kern ist die Lichtgeschwindigkeit. Mit der Quantenphysik, die ihre Gültigkeit in jedem CD-Player unter Beweis stellt, sind „spukhafte Fernwirkungen“ zu beobachten, wie Einstein sie nannte, die gleichwohl beweisbar sind. Ort und Zeit müssen demnach anders definiert werden, als durch die Lichtgeschwindigkeit. Da es sich bei den „spukhaften Fernwirkungen“ sogar um eine Gleichzeitigkeit handelt, tut sich hier, physikalisch beweisbar, sogar das Fenster zu einer Welt jenseits von Zeit und Raum auf. So kommen die extremsten Materialisten am Ende wieder dort raus, wo sie sich in größtem Gegensatz zu distanzieren versuchten: beim Geist. Dieser Knoten muß zur Zeit und wohl dauerhaft von allen rein materialistisch denkenden Physikern wie eine bittere Pille geschluckt werden, und man hat den Eindruck, je länger es dauert, und je mehr Menschen anfangen, zu begreifen, in welchem wahren Dilemma die Wissenschaftswelt steckt, man sich um so mehr einer zeitgemäßen fundametalistischen Haltung besinnt, nach dem Motto: was nicht sein darf, das kann auch nicht sein. Auch dies ist eine Jungfrau-Lösungsversuch. Bei der nun folgenden künstlichen Verdummung hilft Walt Disney. „Das, von dem die Physik handelt, ist nach d`Espagnat,“ schreibt die Zeit, „nur eine empirische Realität, nicht die sogenannte ontologische Realität, also die ‚Wirklichkeit, wie sie wirklich ist‘. Dabei ist auch die empirische Realität objektiv, aber nur in dem abgeschwächten Sinne, dass jeder Physiker bei vorgegebenem Versuchsaufbau das Gleiche messen wird. Sie ist es aber nicht in jenem landläufigen ’starken‘ Sinn, dass das Gemessene auch vor und ohne Messung existiert. Überspitzt gesagt: Der Mond ist nicht da, wenn keiner hinschaut, auch wenn alle, die hinschauen, stets den Mond sehen,“ schreibt Ulf von Rauchhaupt in der Zeit, möglichweise während der Mondfinsternis in der Jungfrau 3.26 Grad am 21.02 dieses Jahres.
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