Nürnberg, 15:09 – die Wirklichkeit bietet häufig ganz erstaunliche Bilder, die immer wieder unsere Botschaft von der „Lesbarkeit der Welt“ illustrieren. Das ist nur schwer zu vermitteln, weil wir uns so sehr daran gewöhnt haben, dass es einen Unterschied zwischen innen und außen gibt. Hierzu bedarf es eines Sinnes, den Rudolf Steiner treffend die „Bewußtseinsseele“ genannt hat. Das ist schlicht die Seele, die sich dessen bewußt ist, dass sie ist. „Wieso“, werden Sie vielleicht sagen, „das ist doch ganz selbstverständlich?“

Foto Markus Termin ©
Allein, hier fängt die Schwierigkeit an. Denn, um zu wissen, dass sie ist, bedarf die Seele eines Punktes, der außerhalb ihrer normalen Bahnen liegt. Logisch: wollen wir etwas beobachten, wahrnehmen, so muss es etwas geben, von wo aus dies gelingen kann. Ein scheinbar ganz einfacher Gedanke, und doch der Eingang in die Höhle der Philosophie. So ist der Mensch ein durch sich selbst Erkennender, mit Fremdworten: einer, dem die Transzendenz immanent ist. Als Bild wäre das ein Tunnel, durch den wir hindurchblicken und die andere Seite sehen: die Wirklichkeit. Die Wirklichkeit ist Jenseits und Diesseits. Doch der Tunnel, durch den wir blicken, das sind wir auch selbst! Als würden wir nicht nur mit Augen schauen, sondern auch das Auge selbst schauen. Das Betrachtende betrachtet sich selbst, unser Sinn ist selbst ein Spiegel. Wir sehen also nicht nur die andere Seite, sondern wir nehmen gleichfalls den Vorgang, den Tunnel, unser Ansinnen als Teil des ganzen Vorgangs wahr. Der Ort, von dem aus dies möglich ist, kann nur der Geist sein. Doch Geist nicht in einer so gern gebrauchten Polarität zum Begriff „Materie“, sondern Geist im Sinne eines wahren Wesensortes mit Bezug und ohne Abstand zu allen anderen Dingen, einschließlich der Materie. Solches macht das neue Menschenglied: die Bewußtseinsseele. Begreifen tut man dies erst durch das Erfassen von Zeiten, wo die Menschen, zumindest allgemein, so etwas noch nicht kannten. In Zeiten der Verstandesseele dachten die Menschen (Kant, Hegel, Schopenhauer), doch sie dachten nicht, dass sie dachten. In Zeiten der Empfindungseele (Platon, Aristoteles) gab es die Bewußtseinseele wie heute schon auch, doch nur bei sehr sehr wenigen. Dafür war es kaum möglich, Denken vom Empfinden zu sondern; es war eines. Die Metapher vom Tunnel paßt treffend gut zum neuen Cern-Forschungsprojekt in der Schweiz, das diesen Sommer in Betrieb gehen wird. Ich will hier nicht zum Menethekel blasen, wie Enzensberger, der von „einer Kathedrale der Technik“ sprach. Auch ist der genaue Zeitpunkt der Inbetriebnahme mir nicht bekannt, und so muß dies nicht mit der Sonnenfinsternis am 1. August zusammenhängen. Doch Finsternisse sind bekanntlich Tunnel-Phänomene, und diese läuft synchron zu einem Großversuch, dessen Ausgang ungewiss ist. Der Tunnel ist unter der Erde 27 Kilometer lang, und er hat nur den einen Zweck: Teilchen (gemeint sind nicht die Quarkschnitten vom Bäcker, wohl aber schon die Quarks der Physik) mit irrsinniger Geschwindigkeit aufeinander prallen zu lassen, um dann das Ergebnis zu analysieren, und Rückschlüsse über die Entstehung „unseres“ Universums ziehen zu können. Das ist natürlich sehr sehr vereinfachend dargestellt. Schon der übliche Gebrauch des stehenden Begriffs „Entstehung des Universums“ setzt voraus, das Universum sei entstanden. Solche Begriffe dokumentieren nur unsere Bemühungen, dem Unbegrenzten doch noch Grenzen zu geben, und haben seit den Zeiten, als manche die Erde für eine Scheibe hielten, bei aller technischer Entwicklung nicht an geistiger Tiefe gewonnen. Nur immer bombastischer werden die Argumente, die uns vergessen lassen wollen, wie hohl der Sockel der Astrophysik in Wirklichkeit ist; und dass es wieder nur darauf hinauslaufen dürfte, neue Bomben zu bauen. Das Ding hat 3 Milliarden Euro gekostet, und davon hat unsere Regierung – wir wurden nicht gefragt – den fünften Teil übernommen. Die Forscher nennen dieses Ding „Alice“, eine Kurzform von Adelheit, und es ist also von edler Gesinnung. Sie wollen eine Hitze von einigen Billionen Grad erzeugen. „Was soll so eine Zahl noch bedeuten?“, fragt der Spiegel. „Das Universum ist vor 13,7 Milliarden Jahren entstanden, das ist wissenschaftlich erwiesen“, will auch der Spiegel wissen. Fein: – und was war davor? Man will also, faustisch, wissen, „was unsre Welt im Innersten zusammenhält …“ Schön, wenn sie uns dabei nicht um die Ohren fliegt. Die Zeitangabe des Entstehungszeitpunkts des Universums, können wir getrost – es liest auch Astrophysiker Florian Freistetter, der am 28. Juli Geburtstag hatte, diesen Blog (zumindest, wenn es um Fußballergebnisse geht) – anzweifeln. Nimmt man doch hier – leider typisch – das Ergebnis der Untersuchungen bereits vorweg. Und ob nun etwas, wie das Universum, wirklich einen Anfang und ein Ende hat, das sei einmal – trotz des erstaunlich exakten Messergebnisses – dahingestellt. Es kann jedoch verwundern, welch enormen Aufwand man zu betreiben gewillt ist, um, statt in die Seele und ihre Geheimnisse, ins Innerste der Materie einzudringen. Eine russische Puppe, zu der es stets noch ein weiters „Inneres“ gibt, das dem Vorangegangenen ein „Äußeres“ ist. Ich habe sogar den Verdacht: je größer dieser rein materielle, also reduzierte Aufwand ist, um so gewaltiger ist gleichbedeutend damit die Anstrengung, die eigentlich billionenfach heißere Bewegung, die der Seele selbst, zu verdrängen. Naturwissenschaftler lachen gern gemeinsam. Es gibt auf ihren Versammlungen einen „good old buddy!“-Verhaltenscode der guten Laune und des Sports. Man darf sogar an den Lieben Gott glauben, schließlich hat dieser Fische-Spinner, Einstein, trotz seiner praktischen Wahnsinns-Theorie auch an den Lieben Gott, der nicht würfelt, geglaubt. Das steht also jedem Wissenschaftler frei. Doch gibt es eine feine Linie zwischen Spinner und Etat-Empfänger, da wird hart gegoogelt! So primitiv es sein mag, einfach nur mit der schnellst möglichen Geschwindigkeit Quarkteilchen aufeinanderprallen zu lassen, sie machen es, ohne uns zu fragen. Viel Spaß bei der Party (zu der wir nicht eingeladen sind) und: Gott beschütze uns im Diesseits (vor denen)!
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