Hat mir gestern ein Freund gezeigt:
YouTube – vanuatu sand drawing
Rudolf Steiner um 1891/92, Radierung von Otto Fröhlich
„Jupiter ist ja gerade diejenige Kraft, die den Appell, den fortwährenden Appell an unsere Aufmerksamkeit richtet.“ (Aus Die Weltenuhr, Dornach 8. Januar 1918)
Rudolf Steiner 27.02.1861, 23:15 Kraljevec AT, bitte vergrößern!
Liebe Leserinnen und Leser,
Rudolf Steiners Geburtstag ist meist als der 27., aber auch als der 25. Februar angegeben. Der Hauptunterschied ist der Mond. Entweder er wäre im Zeichen Jungfrau, oder – später, wie hier abgebildet – im Zeichen Waage. Wenn man bedenkt, wie Steiner, insbesondere in der zweiten Lebenshälfte, sich den künstlerischen Dingen im Sinne einer sozialen Vermittlung (Haus 11-12) gewidmet hat, und für die Grundsteinlegung des ersten Goetheanums den „Merkurius in der Waage“ abwartete (tropisch übrigens, nicht siderisch!), so spricht doch viel für den Waage-Mond*. Auf jeden Fall aber hat Rudolf Steiner seinen Saturn in der Jungfrau, wo er jetzt auch steht. Und genau dies gab ihm die Fähigkeit – ähnlich wie Descartes, dem Begründer des wissenschaftlichen Rationalismus, der ebenfalls den Saturn in der Jungfrau hat – einen geistigen Rationalismus zu begründen, oder besser: offen zu legen, dessen Wesen ich hier kurz erklären will.
Im Kern sagt Rudolf Steiner nicht weniger, als dass es jenseits unseres Tagesbewusstseins ein weiteres, für die meisten Menschen kaum zugängliches Bewusstsein gibt, welches sich aber ebenso konkret zwar subjektiv aber kontrolliert erleben läßt. Es ist schwierig, dies zu beschreiben, ohne den Reflex auszulösen, dass es als „Phantasie“-Gebilde abgetan wird. Die schablonierte Abwehr-Haltung ist die erste zu überwindende Bastion eines ebenso dünkelhaft-frechen, wie aber auch trostlosen Zeit-Geistes, der uns zu allererst und zunehmend durch die ganz miese Stimmung, die er verbreitet, davon abhalten will, den Reichtum auch nur zu vermuten, der sich tatsächlich hinter der Projektion einer künstlichen Jenseits-Welt versteckt.
Wir können nur mehr an „Vorstellungen“ denken, als handelte es sich um Illusionen, als gäbe es eine wahre, naturwissenschaftlich beweisbare Welt und eine weitere, die zwar nett sein mag, aber eher dem Bereich Einbildung, Phantasie, Hirngespinst zuzuordnen ist. Selbst Menschen, denen das Wort „spirituell“ vertraut ist, denken oft, es handele sich um eine Art „Glauben“, eine Form emotionaler Inbrunst, die Tatsachen herbeisehnt, die wohl wünschenswert, aber völlig unrealistisch sind.
Doch nichts könnte absurder sein, als eine solche Anschauung. Denn das „Geistige“, welches Steiner aufzeigt und vor allem: zu dessen Erlangung und Begriff er einen nachvollziehbaren Weg zu zeigen nicht müde wird – ist tatsächlich eine ebenso faktisch belastbare Realität, wie ein Gegenstand, beispielsweise ein Stein. Alles, was akzeptiert werden muß, um zu begreifen, dass es so etwas geben kann und notwendigerweise gibt, ist eben, dass der „Sinn“, der zum Wahrnehmen dieser „höheren“ Welt nötig ist, bei uns Menschen in der Regel nicht (mehr) von selbst vorliegt, sondern trainiert, gebildet werden muß.
Analog wäre ein Vergleich zum musikalischen Empfinden möglich, aber nicht erschöpfend: erst der gebildete Hörer versteht Musik wirklich.
Dann aber ist die weitere „Handhabung“ objektiv, logisch kommunizierbar und kann nachgewiesen und zurückgeführt werden auf den Einweihungsweg aller Mysterien- und Schamanenschulen, die mit unterschiedlichen Mitteln die verlorene zweite Hälfte des Menschen zurück zu erreichen trachteten, erkennend, dass eigentlich nur darin und komplett überhaupt irgendein Sinn sich wiederfindet, der uns verbindet mit den Zeiten von vor der Flut und einen Weg in die Zukunft weist.
Erst in diesem Sinn wird auch das Hirtentum von Jesus verständlich, der uns Schafe leitet, denen die Sicht auf die wahren Dinge nicht gegeben ist. Das ist jedoch nicht, wie bei Kant gemeint wird, ein prinzipielles Hindernis unserer Erkenntnismöglichkeiten, sondern lediglich ein historisch gewachsenes und gleichzeitig doch auch verkümmertes Wahrnehmungshindernis. So halten wir beispielsweise die Darstellung von Geistern und Dämonen aus babylonischer Zeit gemäß unserem eigenen psychologisierenden Weltbild für Projektionen unserer eignen Innenwelt. Und im Sinne der jungschen Archetypen wäre noch nicht mal die zeitliche Distanz ein Hindernis für das Unterbewusste, sich Bilder und Mythen nutzbar zu machen, um eine Botschaft gleichzeitig auszudrücken und zu verbergen. Aber was diese alten Völker dargestellt haben, das konnten sie auch sehen: oder fanden es mindestens beschrieben als Kraft, die seelisch wahrnehmbar Einfluss hatte und in der Darstellung ihren Bann erfahren sollte, die Illusion einer Beherrschbarkeit, weil das Phänomen einen Namen hat.
Unsere Bewusstseinswelt hat dennoch ebenso Dinge hinzugewonnen, die unseren Vorfahren nicht in dieser Art zur Verfügung standen. Das ist vielleicht eine der wichtigsten Steiner-Botschaften: die des sich wandelnden Bewusstseins – sich hineindenken in die andere Bewusstseinswelt vergangener Zeiten, um zu begreifen, wo das Bewusstsein jetzt steht – damit mit Gottes Hilfe das gegenwärtige Tun zum Segen der Zukunft wird.
Wenn Bewusstsein sich wandeln kann – was leicht erfahrbar wird, wenn das Prinzip, das die Historiker in groben, ins Erdgeologische kippenden Zügen beschreiben als Entwicklung verschiedener Homo-Typen (Homo Sapiens, Faber, etc. … ) mit mehr oder weniger präzisen Abgrenzungen, meist anhand eines Kiefer-Knochens, eher als ein Kontinuum aufgefasst wird, eine Entwicklung deren Zeugnisse, wenn wir sie lesen, viel über den Sinn & Glauben der ausführenden KünstlerInnen sagen.
An Steiners Horoskop fällt mir heute auf die Merkur-Neptun Konjunktion in den Fischen und der starke Jupiter im Löwen im Haus 9 des Lehrers.
Mit freundlichen Grüßen,
Markus
* Das sehe ich – Nachtrag 1.12.20112 – heute anders – Jungfrau-Mond bringt die Klarheit ins Werk.
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