Weltbild

Verschränkte Teilchen

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Foto Markus Termin ©

Nürnberg 22:21 – „Sind zwei Quantenobjekte in einer bestimmten Weise miteinander verbunden, dann kann nachgewiesen werden, dass eine Änderung an dem einen eine gleichzeitige Änderung an dem anderen ist.“

Das ist eigentlich ein ziemlich einfacher Satz. Doch wir Laien stolpern schon über den Begriff „Quantenobjekt“. Was ist ein Quantenobjekt? Müssen wir das wissen? Müssen wir im Prinzip nicht, aber es ist doch so interessant, dass es sich lohnt, ein wenig informiert zu sein. Der Begriff „Quantenobjekt“ wurde nur deshalb eingeführt, weil man auf der Ebene der allerkleinsten Dinge nicht sicher sein kann, ob man es mit einem Teilchen oder mit einer Welle zu tun hat. Für unseren Gedankengang können wir einfach davon ausgehen, dass wir es mit Licht-Teilchen zu tun haben. Doch Licht-Teilchen haben die merkwürdige Eigenschaft, gleichzeitig durch zwei Spalte hindurchzuhuschen. In der oft unnötig verschlüsselten Sprache der Physiker heißt das (aufgeschnappt bei Wikipedia):

„Bei Quantenobjekten treten Phänomene auf, die im Widerspruch zu unserer Erfahrung stehen, die durch makroskopische Objekte geprägt wurde. Solche Phänomene sind beispielsweise, dass ein Objekt im Doppelspaltexperiment zugleich durch zwei Spalte zu gehen scheint und dabei mit sich selbst interferiert.“

Nun steht der Laie schon vor einem Problem, denn es treten gleich drei Fremdwörter in einem Satz auf: „Quantenobjekt“, „makroskopisch“ und „interferieren“, von denen jedes erklärungsbedürftig ist. Natürlich kann man das einfacher sagen:

„Bei kleinsten Dingen, von denen wir nicht wissen, ob sie Welle oder Teilchen sind, konnten wir Dinge beobachten, die man bei großen Dingen nicht beobachten kann, nämlich dass, obwohl sie doch eines sind, sie gleichzeitig durch zwei Öffnungen schlüpfen und sich dabei auch noch beeinflussen.“

Sagt man es so deutlich, wird auch offenbar, dass die Physik, insofern sie Anspruch erhebt, die Wirklichkeit zu beschreiben, hier ein Problem bekommt.

Dieses Problem wird noch deutlicher, wenn man den Begriff „Spukhafte Fernwirkungen“ hört. Was mag das sein? Ich werde das jetzt ganz einfach erklären. Stellen Sie sich vor, Sie schicken zwei kleine Teilchen durch einen Kristall, der die beiden im rechten Winkel umleitet und (nun käme etwas komplizierte Technik, die wir uns hier sparen, denn wir wollen eigentlich auf das Resümee hinaus) dann auf zwei Messplätzen ankommen läßt. Messplatz A und Messplatz B. „Die Messung bei A legt im selben Moment fest, was in B registriert wird – und zwar auch dann, wenn die Messplätze so weit auseinanderliegen, dass eventuelle Informationen über den Ausgang der Messung in A im Messzeitraum selbst mit Lichtgeschwindigkeit nicht nach B gelangen können“ (FAZ, 2. März 2008).

Hier liegt das zweite Problem für die Beschreibung der Wirklichkeit. Sie wird, sagt Anton Zeilinger, der diese Experimente in Wien leitet, zu einer „Neuformulierung unserer Ideen von Raum und Zeit“ führen, denn der Befund „widerspricht“, so wieder die FAZ, nicht Anton Zeilinger, aber er könnte es so gemeint haben, „einer realistisch interpretierten Relativitätstheorie“.

Warum? (Gibt es auch eine unrealistisch interpretierte Relativitätstheorie?): Weil laut dieser wichtigen Theorie eben nichts schneller sein darf, als Licht.

„Neuformulierung“ bedeutet jedoch für uns Laien, die wir die „alte“ Formulierung von Raum und Zeit noch gar nicht nachvollziehen konnten, den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun.

Allerdings gehört es zum „Schatz“ der modernen Mythen, dass Raum und Zeit nach Einsteins berühmter Theorie relativ sind. Wäre es möglich, dass nun durch die „Neufomulierung“ unser Weltbild wieder ent-relativiert wird? Wir wissen es noch nicht. Aber die Physiker wissen es auch nicht. Sie haben keine Ahnung, doch das werden sie nicht so deutlich zugeben, wie der souveräne Anton Zeilinger, der hoch genug in der Autoritätsordnung steht, um nicht mehr an seiner Karriere basteln zu müssen. Denn: „Bring etwas Neues, und Du bekommst sofort den Nobelpreis!“, ist ein stehendes Credo der Wissenschafts-Gemeinde, mit dem sie einfache Leute mit klarem Verstand einzuschüchtern versuchen. „Dann hätten das ja schon viele gemacht.“ Die Wahrheit im Wissenschaftsbertieb sieht genau umgekehrt aus: nur sogenannte „Veröffentlichungen“ in Fachzeitschriften zählen dort der Menge nach, und die Entscheidung darüber, wer was warum veröffentlichen darf, verläuft nach einem für Aussenstehende uneinsichtigen Code, ungeschriebenen Gesetzen, in dem das Neue keinesfalls nur nach den Regeln der Logig oder gar des wissenschaftlichen Gehalts aufgenommen wird, sondern vielleicht auch danach, ob es konform ist.

Nun noch einmal den einfachen Satz von oben, der übrigens von Lothar Hill stammt:

„Sind zwei Quantenobjekte in einer bestimmten Weise miteinander verbunden, dann kann nachgewiesen werden, dass eine Änderung an dem einen eine gleichzeitige Änderung an dem anderen ist.“

Kennen sie das Spiel, das wir als Kind manchmal gespielt haben, wenn eine Gelenkpuppe an der Wand hing? Man zog am Bein und durch ein unsichtbares Fadensystem hintendran bewegte sich gleichzeitig ein Arm.  So ungefähr ist das. Die Betonung liegt auf gleichzeitig. Die einzige Bedingung ist die sogenannte „Verschränkung“, die man auch „gemeinsamer Ursprung“ nennen könnte.

Im Klartext: befindet sich eins der beiden Teile auf der Venus, das andere auf der Erde, so agieren beide zeitlos abgestimmt miteinander, ohne dass wir die geringste Ahnung haben, wie sie das tun, oder warum sie das tun.

Nun sind wir am Ende des kleinen Exkurses. Das Resümee: es gibt eine Welt jenseits der Lichtgeschwindigkeit, deren Wirkzusammenhang nicht durch diese Geschwindigkeit begrenzt ist, und das ist wissenschaftlich (sic!) bewiesen. Daher läßt sich auch unsere Welt (das Universum) nicht mit dieser Geschwindigkeit begrenzen, oder gar nach ihr beschreiben.

Alles kein Problem, wenn wir es bei Physikern mit bescheidenen Menschen zu tun hätten, die offenen Mundes vor den entdeckten Wundern stünden, und nicht glaubten, sie hätten bald die Theorie für Alles (Theorie Of Everything). Leider ist das aber der Fall, und leider halten viele der Vertreter dieser Zunft von der hohen Warte ihres Wissens aus jedes andere Wissen für entbehrlich, und nicht nur das: sie meinen sogar, es bekämpfen zu müssen. Statt nun wirklich anzufangen zu denken, lassen sie Teilchen mit irrsinniger Geschwindigkeit kollidieren, um die String-Theorie zu überprüfen. Zeilinger meint dazu:

„ich glaube nicht, dass die Lösung aus so einer Ecke kommen kann …“

Doch die Deutungshoheit zur Interpretation haben die Physiker – und das zeigt der kleine Exkurs oben – erstmal verloren. Bis sie das wirklich verstehen, werden sie sich jedoch mit Händen und Füßen wehren, und versuchen, die verloren gegangene Autorität im Gewand der Priesterlichkeit zu erhalten. Natürlich nicht alle. Ich freue mich auf die neuen Wissenschaftler, die wieder Kontakt zur Philosophie, zum Leben (also nicht zur Biologie, die wahrlich kaum vom Leben handelt) und auch zur Kunst aufnehmen. Ob die Religion folgen wird, werden wir erfahren.