Personen, Weltbild

Kirche sind wir …

Liebe Leserinnen und Leser,

… aber er ist nun mal der Papst. Und er hat dies gesagt:

„Die bloße Fixierung auf das Kondom bedeutet eine Banalisierung der Sexualität, und die ist ja gerade die gefährliche Quelle dafür, dass so viele Menschen in der Sexualität nicht mehr den Ausdruck ihrer Liebe finden, sondern nur noch eine Art von Droge, die sie sich selbst verabreichen. Deshalb ist auch der Kampf gegen die Banalisierung der Sexualität ein Teil des Ringens darum, dass Sexualität positiv gewertet wird und ihre positive Wirkung im Ganzen des Menschseins entfalten kann. Es mag begründete Einzelfälle geben, etwa wenn ein Prostituierter ein Kondom verwendet, wo dies ein erster Schritt zu einer Moralisierung sein kann, ein erstes Stück Verantwortung, um wieder ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass nicht alles gestattet ist und man nicht alles tun kann, was man will. Aber es ist nicht die eigentliche Art, dem Übel der HIV-Infektion beizukommen. Diese muss wirklich in der Vermenschlichung der Sexualität liegen.“

Foto Termin ©

Man kann mir nicht vorwerfen, ein Papst-Freund zu sein, im Gegenteil: Benedikt XVI « Markus Termin – Astrologisches Stundenbuch … aber nun wird dem Mann das Wort im Mund umgedreht. Als hätte er, wenn er über männliche (!) Prostituierte spricht, eine Aussage zur Familienplanung gemacht. Die FAZ jubelt gleich: „Revolution“.

Ich finde auch nicht, daß es in unseren Tagen verboten ist, über den Unterton nachzudenken: Joseph Ratzinger argumentiert aus einer Perspektive moderner Realitätsbetrachtung und mag es sich anhören lassen wollen, daß er im Zuge des weltweiten kirchlichen Kindesmißbrauchsskandals Kenntnis über die Abgründe seiner Mitmenschen erlangt hat.

Was er aber sagt, ist: ein Strichjunge, der seine Kunden nur mit Kondom bedient, weil er Verantwortung übernimmt für die Ansteckungsgefahr, handelt im Sinne eines ersten Schrittes. Der Papst wählt damit sehr bewußt eine in der Regel homosexuelle Konnotation – warum? Natürlich um jenes Dictum – Kondome seien erlaubt zur Verhütung einer Schwangerschaft –  zu umgehen, als welches ihm diese Worte – er weiß das, sonst würde er nicht das Extrem im Beispiel wählen – unweigerlich ausgelegt würden. Und auch tatsächlich werden.

Im Kern sagt Joseph Ratzinger, als Position einzigartig und könnte gesellschaftlich nicht provokanter sein: er weiß – woher auch immer – vom wahren Geheimnis der Liebe. Und vertritt es: indem er deutlich die Sexualität begrüßt. Er spricht von „Vermenschlichung“ und bringt damit zum Ausdruck, daß sie augenblicklich nicht menschlich ist. Und damit, Gott sei´s gelobt, getrommelt und gepfiffen … hat er Recht. Man wird ihm nicht gerecht, wenn man ihn einen Romantiker der Liebe nennt, das ist der bischöfliche Versuch, die Aussage bildzeitungstauglich zu machen.

Der Papst ist – Respekt – die einzige Stimme der Vernunft zwischen Pharmakologie (wir reichern Trinkwasser mit Östrogen an, und wundern uns anschließend heute in der TAZ darüber, warum jeder dritte Mann an Testosteron-Mangel leidet) und Pornographie, die an sich normativer ist, wie jeder Katechismus es jemals gewesen sein könnte.

Und dann gibt es (leider) noch einen weiteren, tieferen und zugleich abgründigen Sinn hinter den Worten, das historische Erbe der Kirche bedingt es: natürlich hat Joseph Ratzinger mitbekommen, daß die Kindesmißbrauchsfälle der Kirchen die Spitze des Eisberges sind. Indem er gerade den homosexuellen Aspekt mit Verantwortung verknüpft, holt er die homosexuellen Priester ins Zentrum des Geschehens zurück. Er sagt zwischen den Zeilen: wenn ihr´s macht, macht es mit Kondom und Prostituierten und nicht mit euch Anvertrauten – auch, wenn er das nicht beabsichtigt haben sollte.

Oder doch?! Wer weiß, wieviele Kinder er damit rettet und wie vielen Trieb-bedrängten Täter-Priestern er den Gewissens-beschwerten Gang ins Prostitutions-Milieu erleichtert?!

Dennoch: Sätze wie “ … Sexualität ihre positive Wirkung im Ganzen des Menschseins entfalten kann“ klingen aufgeklärt und weise.

Im Horoskop sehen wir den „Schwangerschafts“-Aspekt Saturn über Mond und Jupiter/Jupiter plus Merkur Konjunktion, Mondknotenopposition, Mars-Opposition, Uranus-Wiederkehr … ganz schön viel … etc.,

Und noch eines in diesem kurzen Zitat:

„Aber es ist nicht die eigentliche Art, dem Übel der HIV-Infektion beizukommen“, sagt er, „Diese muss wirklich in der Vermenschlichung der Sexualität liegen.“ Mit einer solchen Aussage – nahe bei Wilhelm Reich – ist der Papst gegenwärtig meilenweit auf weiter Flur allein, und man muß wirklich sagen: Gott sei Dank gibt es diese Stimme; bene dictum!

Mit freundlichen Grüßen,

Markus