Liebe Leserinnen und Leser,
„Am 28. August 1749, Mittags mit dem Glockenschlage zwölf, kam ich in Frankfurt am Main auf die Welt. Die Konstellation war glücklich; die Sonne stand im Zeichen der Jungfrau, und kulminierte für den Tag; Jupiter und Venus blickten sie freundlich an, Merkur nicht widerwärtig; Saturn und Mars verhielten sich gleichgültig: nur der Mond, der so eben voll ward, übte die Kraft seines Gegenscheins um so mehr, als zugleich seine Planetenstunde eingetreten war. Er widersetzte sich daher meiner Geburt, die nicht eher erfolgen konnte, als bis diese Stunde vorübergegangen.“ …
… so schreibt Goethe den Beginn seiner Biografie, und gibt damit wie selbstverständlich kund, vollkommen auf der Höhe der Astrologie seiner Zeit gewesen zu sein, wenn man einmal davon absieht, daß bei ihm Uranus im Wassermann, also im eigenen Zeichen stand, bereits entdeckt, aber offenbar noch nicht astrologisch zugeordnet, sonst hätte der Meister ja davon berichtet. Ich las diese Zeilen mit 14, wo ich das Buch im Sonntagsschrank einer Bauernbibliothek fand, wo es immer ein wenig nach säuerlicher Milch, Speck und dem scharfen Stallgeruch duftete, der sich dort überall hin bewegte. Das Konzept der „Planetenstunde“ klingt ein wenig nach seiner Jungfrau-Venus („Eigenschaft der inneren Integrität“, nennt sie Liz Greene) – aber es traf offenbar zu. Und es gibt sicher Astrologen, die auch heute noch erfolgreich damit arbeiten … Und so wußte Goethe nicht um sein Uranus-Saturn Quadrat. Falsch ist hingegen die Annahme, Saturn verhielte sich gleichgültig. Sie stimmt nur insofern, als daß Mars und Saturn zueinander im Horoskop keine gespannte Beziehung haben – und daran merkt man nun, daß Goethe wohl recherchiert, aber nicht selbst geschaut hat, weil Saturn am Aszendenten doch schon auch eine Sturheit des Wesens bedingt.
Und daß Venus, in den Schützen wechselnd, über Goethes Skorpion-Pluto wandert, hätte er nicht wissen können. Denn Pluto war noch nicht entdeckt. Gemerkt hätte er jedoch u.U. einen größeren Liebreiz, der von ihm selbst ausgeht, wenn Venus im Jupiterzeichen ist, und dort von dessen Sinn für Freiheit und Weisheit profitiert.
Mit freundlichen Grüßen,
Markus

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