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Waage-Mond

Nürnberg – 14:03. Der Unterschied, den eine Geisteshaltung macht, die, sagen wir mal, es für durchaus möglich hält, dass der Mond – da er schon Ebbe und Flut beeinflußt – auch was mit dem Wassermenschen an und in uns zu tun haben könnte, einerseits, und dem Wissen darum, dass der Mond, Trabant der Erde, in seinen zwölf Stellungen, die er kaum mehr als jeweils zwei Tage innehat, einen Charakterunterschied ausmachen sollte, jeweils in Kombination mit Sonnenzeichen und allen anderen Faktoren, sehr genau bestimmbar, andererseits: dies ist wahrlich ein Unterschied wie Tag und Nacht. Er könnte größer nicht sein. Warum aber fällt es Menschen, die keine Einsicht in die Akrobatik der Astrologie haben, so schwer, ihre Evidenz nachzuvollziehen? Oft haben diese Menschen einfach das Thema Genauigkeit „extrapoliert“. Sie schätzen die Welt ab. Sie haben einen Taschenrechner im Kopf. Das heißt, sie denken: „Ja, freilich, es gibt Genauigkeit, sehr große sogar, objektiv!“ Die umgekehrte Rechnung, dass es vielleicht auch subjektive, singuläre Genauigkeit geben könnte, wird unter solchen Voraussetzungen jedoch unbewußt beinahe ausgeschlossen. Existiert doch gerade in vermeintlicher Objektivität der berechtigte Wunsch nach Distanz und Sicherheit. Das Credo lautet: „Die Welt ist nicht Ich.“ Eine solche Einschätzung kann aber nur dann tragend für die Gesellschaft sein, wenn sie unbewußt bleibt. Der „Ich“-Kult, den gegenwärtig die Werbung betreibt, ist ja weiter nichts, wie der Wunsch, in der Masse der Identitätslosen aufzugehen. Alle Gewohnheiten und die wirklich kräftigen sozialen Regeln beziehen ihre Stärke aus der Unbewußtheit ihrer geheimen Kraft-Quellen. Jedoch: „It ain´t necessarily so!“ Um wirklich genau zu sein, ist ein Aufwachen von nöten. Ohne es zu ahnen, verbringen scheinbar quitschfidele Zeitgenossen (es sind oft die Witzbolde) ihre Realität in einer Art geistigem Schlafzustand, einem Koma. Alles, was sie tun und sagen, ist nur darauf ausgelegt, nicht aufzuwachen. Der gesamte Unterhaltungsapparat liegt immer gerade am Koma-Pegel. Dieses Problem haben wir mehr oder weniger jedoch alle. Was ist denn Schlaf? In Hinblick auf die Bewußtheit des Geistes sind wir alle Schläfer. Dem Wachzustand nahe sind wir beispielsweise im Kino. Dort freilich um den Preis, gelenkt zu sein. Es kommt aber darauf an, dies freiwillig hinzukriegen. Der Mond nun ist astrologisch jenes Ding, das mit der Unbewußtheit als wachem Zustand verbunden ist. Die Mondeigenschaften sind zwar per se somnambul, aber in einer gewissen Paradoxie ist diese Schlafsucht wach, wie der Morgentau. Denn der Mond legt sich mit seinen Eigenschaften über die Persönlichkeit als die Art zu sein, und zwar das Gemüt betreffend. Der Mond ist die Emotionalität des Kindes, und er bleibt es. Verdüstert sich der Mond, so hat man eine Depression. Der Mond wird nicht erwachsen, er bleibt immer Kind. Doch dieses Kind schläft nicht, es ist dem Bewußtsein entrückt. Anders ausgedrückt: es ist mehr da, als es da ist. Es ist nahezu hyperreal. Auf eine Zeit verweisend, als der Mond mit der Erde noch einen einzigen Himmelskörper bildete, hat der Mond keine Moral. Er spiegelt das Sonnenselbst, steht ihm bei, oder belästigt es gar, je nach dem. All diese Gedanken sind typisch für den Mond in Waage, wie wir ihn jetzt haben. Waage als Zeichen der Logig und der Kunst vermittelt, bezogen auf den Mond, eine spielerische Umgangsweise mit den Mitmenschen. Er inszeniert ein soziales Schauspiel. Nun hängt es vom Sonnenzeichen ab, wie sich das trägt: Steht die Sonne z.B. in den Zwillingen, ist man leicht geneigt den Spieltrieb mit der Annahme einer geistigen Überlegenheit zu verbinden, steht die Sonne z.B. im Steinbock, werden die Talente der Diplomatie einer Steinbock-Sonne große Erfolge ermöglichen. Immer bleibt der Mond Spiegel der Sonne, sucht ihr nützlich zu sein. Was jedoch nützlich ist für die Sonne, das ändert sich von Zeichen zu Zeichen sehr. Die Sonne in Wassermann hätte mit einem Waage-Mond den Wunsch „inkongnito zu gehen“, wie Oskar Adler schreibt, denn hinwenden zum Anderen muß sich die stolze Wassermann-Sonne mit Waage-Mond schon, obwohl sie eigentlich nicht mag. Mit den Fischen kombiniert wird Waage-Mond zum „Seelendolmetsch“ für sich und andere.

Foto Markus Termin ©